
Mauern voller Geschichte 1/4 – Seit zwanzig Jahren verwandelt die Stiftung «Ferien im Baudenkmal» historische Gebäude in Ferienunterkünfte. Ein touristisches Angebot, das gegen den Strom schwimmt und Denkmalschutz, Nachhaltigkeit sowie die Unterstützung der lokalen Wirtschaft miteinander verbindet. Ein Gespräch mit der Geschäftsleiterin Christine Matthey.
Oriane Grandjean – Terre&Nature
Seinen Urlaub in einem historischen Haus zu verbringen, ist das ein bisschen wie in einem Museum zu übernachten?
Nicht ganz! Im Gegensatz zu einem Museum renovieren wir ein Haus nicht so, dass es genau so aussieht wie früher. Wir betonen zwar die architektonische Substanz, indem wir versuchen, sie sichtbar zu erhalten, aber unsere Häuser sind immer mit einer modernen Küche, Toiletten und Möbeln ausgestattet. Es ist kein Museum, sondern ein Erlebnis.
Wie ist die Stiftung «Ferien im Baudenkmal» entstanden?
Das Projekt wurde von einem ähnlichen Projekt inspiriert, das es in Grossbritannien bereits seit den 1960er Jahren gibt. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Schweizer Heimatschutzes im Jahr 2005 griff der Vorstand dieses Konzept auf. Historische Häuser sind manchmal nicht mehr ganz auf das heutige Leben zugeschnitten. Aber für eine Woche machen gerade die etwas speziellen Details den Reiz des Abenteuers aus. In einem mit Holz beheizten Haus lernt man beispielsweise, Türen zu schliessen, um die Wärme in den Räumen zu behalten, oder einen Pullover anzuziehen.
Ist die Tätigkeit rentabel genug, um die Stiftung zu finanzieren?
Der Grossteil unserer Einnahmen stammt aus Vermietungen: Damit finanzieren wir die tägliche Instandhaltung der Häuser und alle damit verbundenen Kosten. Für Investitionen, die oft notwendig sind, wenn wir ein Haus übernehmen, sind wir jedoch auf Spenden angewiesen. Wir haben einige starke Partner, wie die Schweizer Berghilfe oder das Bundesamt für Kultur, nicht zu vergessen den Schweizer Heimatschutz.
Das Angebot umfasst 68 Häuser. Ist die Stiftung Eigentümerin dieser Häuser?
Nein, wir besitzen nur zwölf davon. Zu Beginn des Abenteuers dachten wir, dass wir nur Häuser in unserem eigenen Besitz haben würden. Aber sehr schnell konnten wir uns mit Gemeinden oder Privatpersonen zusammenschliessen, um das Angebot zu erweitern.
Viele der Häuser liegen ausserhalb der touristischen Gebiete. Ist das ein Hindernis für Urlauber?
Im Gegenteil, es ist ein Vorteil, der sie anzieht und sich von anderen touristischen Angeboten unterscheidet. Bei uns wählen die Menschen ihre Feriendestination aufgrund der Baudenkmäler und erkunden von dort aus die Region. Das hat direkte Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft. Nehmen wir das Dorf Valendas im Kanton Graubünden: Als wir das Türalihus, ein Bürgerhaus aus dem 15. Jahrhundert, renovierten, wurde ein Verein gegründet, um das Dorf wiederzubeleben. Eine Reihe von Gebäuden wurde saniert, was einen Wendepunkt in der Geschichte des Dorfes markierte. Valendas erlebt nun einen neuen Aufschwung. Überall, wo wir Häuser anbieten, engagieren wir uns für Wertschöpfung und Nachhaltigkeit. So eröffnen sich neue touristische Wege, ohne dass die Probleme auftreten, mit denen die beliebtesten Reiseziele zu kämpfen haben. Die Anwesenheit von Touristen schafft nicht nur Arbeitsplätze für lokale Handwerker, sondern hat auch einen positiven Effekt für das gesamte Dorf.
«Es sind die etwas speziellen Details, die das Abenteuer erst richtig spannend machen: In einem mit Holz beheizten Haus lernt man, sich warm anzuziehen.»
Dennoch kann dieses Angebot für die Kunden überraschend sein. Wie haben Sie Ihren Kundenstamm aufgebaut?
In den Anfangsjahren über das Netzwerk des Schweizer Heimatschutzes. Dann haben wir begonnen, klassisches Marketing über diverse Kanäle zu betreiben. Entscheidend ist sicherlich auch die Mundpropaganda zufriedener Gäste. Die Corona-Jahre waren ein Multiplikator, da die Menschen in der Schweiz bleiben mussten. Unsere Kundschaft ist uns sehr treu: Einige machen eine Tour durch die Schweiz ausgehend von unseren Häusern. Sie kommen regelmässig, um ein Haus, eine Region und eine architektonische Epoche zu entdecken.
Die Romands machen nur 7 % Ihrer Kundschaft aus. Wie lässt sich diese geringe Vertretung erklären?
Das deutschsprachige Publikum hat uns zuerst entdeckt. Ein weiterer Grund ist unsere lokale Verankerung, da wir unseren Sitz in Zürich haben. Allerdings steigt der Anteil der Romands allmählich an.
Man kann sich vorstellen, dass die Renovierung eines historischen Hauses, bei der Denkmalschutz, Energiestandards und Komfort berücksichtigt werden müssen, sehr herausfordernd ist..
Manchmal ist Kreativität gefragt. Das ist eine Herausforderung für Architekten. Aber die Mühe lohnt sich, insbesondere, wenn man die graue Energie bedenkt: Ein Haus abzureissen und neu zu bauen, verursacht enorme Energiekosten. Dieser Ansatz passt übrigens auch zu der Idee der Entschleunigung, die oft mit einem vernünftigen Energieverbrauch einhergeht.
Wie sehen Sie die Zukunft des Abenteuers, jetzt, da die Stiftung ihr 20-jähriges Bestehen feiert?
Wir hoffen, noch ein wenig zu wachsen, denn es gibt verschiedene architektonische Strömungen, die in unserem Angebot noch nicht vertreten sind. Wir müssen uns vor allem an das Wachstum unserer Kundschaft anpassen, aber es gibt noch Potenzial. Sinnvolle, lokale und kulturelle Ferien sind ein Trend, der sich abzeichnet.
Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Stiftung «Ferien im Baudenkmal» präsentiert Terre&Nature eine vierteilige Serie zur Entdeckung symbolträchtiger Häuser.
Das Magazin Terre&Nature ist eine etablierte Wochenzeitschrift aus der Westschweiz. Es beschäftigt sich mit Themen rund um Landwirtschaft, Natur, Garten, Tiere, Freizeit, Regionalität und nachhaltige Entwicklung.



