Eine Herbstwoche in Jenaz - Stiftung Ferien im Baudenkmal

Eine Herbstwoche in Jenaz

Bild und Text: Dominik Gehl

Wir haben die letzte Oktoberwoche im Haus am Platz in Jenaz verbracht. Das Wetter war spektakulär und wir wechselten zwischen architektonischen Entdeckungen und Wanderungen in den umliegenden Wäldern ab.

Jenaz liegt im Prättigau, einem Teil des nördlichen Graubündens, und folgt dem Tal des Flusses Landquart über 40 km zwischen den Orten Landquart und Klosters. Im Prättigau leben rund 15’000 Menschen. Auf unseren Reisen ins Engadin oder ins Val Poschiavo sind wir mehrmals durch den 1999 eröffneten Vereina-Tunnel gefahren. Jenaz hat rund 1000 Einwohner und ist aufgeteilt in das untere Dorf mit den meisten Geschäften nahe der Strasse von Schiers nach Klosters und das historische Zentrum, 30 m höher gelegen, wo sich das Haus am Platz direkt neben dem Dorfbrunnen befindet.

Haus am Platz

Nach einem Dorfbrand im Jahr 1726 wurde das Haus am Platz im Jahr 1728 von der Familie Zingg errichtet. Christian Zingg war Dorfarzt und förderte erfolgreich den Bau des Jenazer Bades, nachdem das Nachbardorf Fideris mit seinen Bädern einen guten Ruf genoss. Das Bad von Jenaz wurde 1766 erweitert und bot Platz für 130 Personen. Nach einem Brand wurde es im Jahr 1834 aufgegeben. Die Quelle kann heute noch im Rahmen einer Wanderung besucht werden.

Das Haus am Platz wurde 2017 von einem ortsansässigen Architektenpaar erworben und sanft restauriert. Zierfriesen mit Inschriften schmücken, fast 300 Jahre nach ihrer Errichtung, die Fassade. Der ehemalige Stall neben dem Haus wurde in einen überdachten Aussenbereich mit einer Schaukel umgewandelt, welche die Kinder lieben. Für die Eltern war die Zubereitung des morgendlichen Kaffees dank des Induktionskochers ein Kinderspiel. Die Aussicht aus den Fenstern war in jedem Raum des Hauses herrlich.

Durch die Renovierung wurde das Haus sehr einfach und angenehm zu bewohnen. Der riesige Tisch im Esszimmer war ideal für Brettspiele. Gleich neben dem Eingang gab es einen Raum, in dem wir unsere Rucksäcke und Wandermäntel abstellen konnten, sodass der Wohnbereich frei blieb. Die örtliche Bäckerei war nur wenige Gehminuten vom Haus entfernt und bot jeden Morgen frisches Brot und spektakuläre Brötchen sowie köstliche lokale Käsesorten an.

Mit seiner guten Verkehrsanbindung (die Autobahn nach Landquart ist nur 15 Autominuten entfernt) war Jenaz ein idealer Ort, um die Umgebung zu erkunden.

Sonntag: Laax und Flims

An unserem ersten Erkundungstag fuhren wir nach Laax, um die Herbstfarben zu bewundern.

Senda dil Dragun

Der Senda dil Dragun in Laax ist der längste Baumwipfelpfad der Welt und ermöglicht es, auf einer Länge von 1,5 km durch die Baumkronen zu wandern. Der Eingangsturm verfügt über eine grosse Spiralrutsche, die ihn umrundet und im Kinderticket enthalten ist.

Crestasee

Nachdem wir im letzten Frühjahr den Caumasee besucht hatten, wollten wir dieses Mal den Crestasee erkunden. Die offiziellen Anweisungen schickten uns zum Parken nach Trin Mulin, aber leider waren die Parkplätze dort an diesem Tag geschlossen. Also parkten wir wieder in Flims, was uns erlaubte, ein wenig länger zum Crestasee zu laufen, durch einen schönen, herbstlich gefärbten Wald. Ein Genuss für die Augen!

Montag: Moderne Architektur in Liechtenstein

Liechtenstein, das viertkleinste Land in Europa, ist eine halbe Stunde von Jenaz entfernt. Während Liechtenstein bis zum Ende des Ersten Weltkriegs eng mit dem Kaiserreich Österreich verbunden war, befindet es sich heute in einer Zoll- und Währungsunion mit der Schweiz. Das Stadtzentrum von Vaduz kann leicht zu Fuss erkundet werden und es gibt viele interessante Gebäude. Eine Karte mit einer Beschreibung ist im Fremdenverkehrsbüro erhältlich.

Liechtensteinisches Parlament

Das Gebäude des Liechtensteiner Landtags in Vaduz wurde vom Architekturbüro Hansjörg Göritz aus Hannover entworfen und 2008 eröffnet. Für den Bau des dreistöckigen Langhauses, des zweigeschossigen Oberhauses und des anschliessenden Verbindungshauses wurden rund eine Million gelbe Ziegel verwendet. Im Erdgeschoss des „oberen Hauses“ befindet sich die Eingangshalle, die sogenannte Säulenhalle. Im zweiten Stockwerk befindet sich der 19 m hohe Plenarsaal für die 25 Abgeordneten des Parlaments.

Hollein-Gebäude

Das Hollein-Gebäude, ein Geschäftshaus, wurde vom Wiener Architekten Hans Hollein für die Centrum Bank Vaduz entworfen. Es wurde 2002 fertiggestellt.

Kunstmuseum Liechtenstein

Das Kunstmuseum Liechtenstein wurde von Morger & Degelo entworfen und im November 2000 eröffnet. Das kontrastreiche weisse Ausstellungsgebäude der Hilti Art Foundation wurde 2015 hinzugefügt.

Kunstzentrum

Das Kunstzentrum (L’Or du Rhin) wurde von dem in Kuba geborenen Architekten Ricardo Porro entworfen und zwischen 1971 und 1974 erbaut. Nachdem Ricardo Porro 1966 nach Frankreich ins Exil geflüchtet war, war dies sein erster Bauauftrag in Europa. Die aufgehängten Lamellen aus Aluminium, die sich ursprünglich bewegten und Geräusche erzeugten, sind nun befestigt, nachdem ein Sturm sie von der Fassade geweht hatte.

Schatzkammer

Nicht verpassen sollte man auch die Schatzkammer Liechtenstein, in der die Besitztümer der Fürsten von Liechtenstein und anderer Privatsammler ausgestellt sind. Kaufen Sie Ihre Eintrittskarte im Postmuseum – Sie können das Postmuseum kostenlos besuchen – und gehen Sie dann in der dunklen Schatzkammer unter anderem Fabergé-Eier und Mondgestein bestaunen! Bitte beachten Sie, dass das Fotografieren nicht gestattet ist.

Dienstag: Architektonische Highlights in Davos

Davos hat etwa 10’000 Einwohner und ist von Jenaz aus über Klosters und dann über den Wolfgangpass zu erreichen. Davos liegt auf einer Höhe von ca. 1500m und wurde im 19. Jahrhundert als Bergkurort berühmt. Heute ist es nicht nur als Wintersportort bekannt, sondern auch als Gastgeber des jährlichen Weltwirtschaftsforums.

Hotel Schatzalp

Wir begannen unseren Tag im Hotel Schatzalp. Die 3-minütige Fahrt mit der Standseilbahn von Davos aus bietet eine tolle Aussicht auf die Stadt. Das Berghotel Schatzalp wurde zwischen 1898 und 1900 als Sanatorium erbaut und war eine der Inspirationen für Thomas Manns Roman „Der Zauberberg“. Seit 1954 ist es ein Hotel mit 92 Zimmern auf drei Etagen. Im Erdgeschoss befinden sich die Rezeption der im Jugendstil eingerichtete Speisesaal und die Röntgenbar, die nach ihrem Standort im ehemaligen Röntgenraum des Sanatoriums benannt ist. Ein wunderschönes Treppenhaus verbindet die verschiedenen Etagen und der Aufzug befindet sich in der Mitte!

Eisstadion Davos

Das Eisstadion Davos wurde in seiner heutigen überdachten Form von Krähenbühl Architekten entworfen und 1979 fertiggestellt. Es wurde kürzlich von Marques Architekten renoviert.

Kirchner-Museum

Der expressionistische Maler Ernest Ludwig Kirchner wurde 1880 in Aschaffenburg (Deutschland) geboren und war 1905 Mitbegründer der Künstlergruppe „Die Brücke“. Von 1917 bis zu seinem Tod im Jahr 1938 lebte er in Davos und der näheren Umgebung.

Das Kirchner Museum Davos wurde vom Architekturbüro Gigon/Guyer entworfen und zwischen 1990 und 1992 gebaut. Es besteht aus vier Ausstellungsräumen mit Glasdecken und -fassaden.

Mittwoch: Entspannender Spaziergang in Fanas und Einkaufen

Fanas

Wir wollten nach Sassauna hinauffahren, um einen Panoramablick auf das Prättigau zu haben, doch als wir in Fanas ankamen, war die kleine Seilbahn leider kaputt. Da das Wetter immer noch schön war, folgten wir dem örtlichen Wanderweg in Richtung Camascholis, um die Aussicht und die Sonne zu geniessen.

Donnerstag: Trutg del Flem in Flims

Während unserer zahlreichen Reisen nach Graubünden in den letzten zwei Jahren haben wir eine Vorliebe für die Gegend um Flims entwickelt. Da der Trutg dil Flem-Weg 2014 mit dem Prix Rando, einem der renommiertesten Wanderpreise Europas, ausgezeichnet wurde, beschlossen wir, dass dies das Ziel des Tages sein würde. Der Weg führt von der Flemquelle in Segnesboden über sieben von Jürg Conzett entworfene Brücken hinunter ins Zentrum von Flims. Nach zwei Fahrten mit dem Sessellift (erst nach Foppa und dann nach Naraus) nahmen wir die Abkürzung zur Loipe bei Punt Desch. Von dort aus folgten wir dem Weg etwa 9 km nach Films. Wir hatten Glück mit dem Wetter und die Wanderung war relativ einfach und landschaftlich sehr abwechslungsreich.

Freitag: Chur und Bad Ragaz

Am Freitag wollte ich noch ein paar architektonische Bilder machen und so fuhren wir nach Chur.

Bündner Naturmuseum

Da wir bereits das Bündner Kunstmuseum und die Schutzbauten für römische Funde besucht hatten, entschieden wir uns dieses Mal für das Bündner Naturmuseum. Es wurde nach den Plänen von Bruno Giacometti und Dante C. Giannini erbaut und im Jahr 1981 eröffnet. Im Museum entdeckt man alles über die Natur Graubündens, von der Fauna bis zur Lithologie.

Heiligkreuzkirche

Als wir das letzte Mal in Chur waren, hatte ich das Pech, bei trübem Wetter die Heiligkreuzkirche zu fotografieren und konnte nur ein paar Bilder von aussen machen. Dieses Mal schien die Sonne und der Innenraum war zugänglich. Die zwischen 1966 und 1969 vom Basler Architekten Walter M. Förderer erbaute Heiligkreuzkirche ist einer der bedeutendsten Sichtbetonbauten der Schweiz.

Bad Ragaz

Bad Ragaz war der perfekte Ort, um unseren Urlaub zu beenden. Die Stadt ist berühmt für ihre Thermalbäder, deren Wasser aus der nahe gelegenen Taminaschlucht stammt. Ein Wald von 115 Säulen aus 2’200 Schweizer Tannen bildet das Tragwerk des öffentlich zugänglichen Tamina-Bades. Sie wurden vom Zürcher Architekturbüro Smolenicky & Partner entworfen und 2009 fertiggestellt.

Während die Familie das Bad genoss, ging ich in der Umgebung laufen, zuerst auf der kleinen Strasse Richtung Bad Pfäfers (die für den Winter bereits für den gesamten Verkehr gesperrt war), dann am Rhein entlang.

Ein toller Abschluss dieser Herbstferienwoche! Wir kehrten voller Energie und mit einem Kopf voller guter Erinnerungen nach Lausanne zurück!

Dominik Gehl lebt in Lausanne und arbeitet als Software-Ingenieur. Zu seinen Hobbys gehören Architekturreisen und Fotografieren. Auf Instagram postet er täglich unter @dominikgehl.