Ferien in der Bündner Herrschaft - Stiftung Ferien im Baudenkmal

Ferien in der Bündner Herrschaft

Text und Bilder: Dominik Gehl

Einen Teil unserer Frühlingsferien verbrachten wir in der Bündner Herrschaft, dem nördlichsten Teil Graubündens, an der Grenze zum Fürstentum Liechtenstein. Die eher kleine Region ist der Geburtsort von Heidi, geschrieben vor 120 Jahren von Johanna Spyri. Es ist auch eine ausgezeichnete Weinregion, berühmt für seinen Pinot Noir.

Malans

Während unserem Aufenthalt im Prättigau wohnten wir in Malans, einem schönen Dorf das von Weinbergen umgeben ist.

Die erste schriftliche Erwähnung von Malans stammt aus dem Jahr 966, als Kaiser Otto I. dem Bischof von Chur einen Rebberg in Malans schenkte. Im Mittelalter lag Malans an der wichtigen Route von Deutschland nach Italien entlang des Rheintals und wurde zu einem bekannten Marktort. Die Bedeutung des Ortes führte zu einem Zuzug von Adelsfamilien aus Graubünden, die hier ihre repräsentativen Sitze errichteten: Schloss Bothmar und die Plantahäuser sind nur zwei von vielen Beispielen, die Ihnen bei einem Spaziergang durch den Ort auffallen werden.

Der Garten von Schloss Bothmar, der zwischen 1740 und 1750 angelegt wurde, ist einer der schönsten bis heute original erhaltenen Barockgärten der Schweiz.

Über der Stiftung Ferien im Baudenkmal konnten wir eine Ferienwohnung in einem der bereits erwähnten Plantahäuser mieten. Unseren Aufenthalt haben wir sehr genossen:

Das Plantahaus wurde 1645 von Ambrosius von Planta erbaut und zwischen 1972 und 1974 vom Bündner Architekten Rudolf Olgiati renoviert. Rudolf Olgiati wurde 1910 in Chur geboren; 1934 schloss er sein Studium der Kunstgeschichte an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich ab. Als Architekt wurde er zu einem Vertreter der Neuen Sachlichkeit und ist bekannt für seine kubische Formensprache. Er entwarf zahlreiche Häuser in Flims, wo er 1995 starb.

Die Wohnung befindet sich im ersten Stock des Gebäudes, in dem bei der Renovierung von Olgiati ein Aufzug eingebaut wurde. Der Kontrast zwischen dem traditionellen warmen Holz, den weißen Wänden und dem kubischen Stil von Olgiati ist grossartig.

Der Esszimmertisch ist ein Original-Möbelstück von Olgiati!

Ursprünglich waren es zwei Wohnungen, die aber miteinander verbunden wurden. So entstand eine riesige helle Wohnung mit vier Schlafzimmern und zwei Cheminées.

Die Decke des Gemeinschaftsraums im Erdgeschoss des Baudenkmals ist mit historischen Verzierungen geschmückt. Von diesem Raum aus gelangt man in den privaten Garten des Anwesens.

Für die Feriengäste nützlich: Ein lokaler Lebensmittelladen befindet sich nur wenige Meter vom Plantahaus entfernt.

Da wir uns in der wärmsten Weinregion der Deutschschweiz aufhielten (dank der warmen Föhnwinde), konnten wir es uns nicht nehmen lassen, eine Weinprobe zu machen.

Wir waren im Scadenagut in Malans, direkt neben dem Schloss Bothmar, ca. fünf Gehminuten vom Plantahaus entfernt. Die ersten Scadenagut-Weine wurden 1974 im historischen Keller von Schloss Bothmar produziert. Der Neubau des Scadenagut wurde 2003/2004 nach den Plänen der Architekten Konrad Erhard und Daniel Schwitter errichtet. Das gläserne und funktionale Gebäude schmiegt sich harmonisch an die Weinberge von Scadena und bietet von der Terrasse aus einen atemberaubenden Blick auf die Weinberge.

Unser Lieblingsweißwein war übrigens der Grauburgunder (obwohl er starke Konkurrenz vom Chardonnay hatte) und unser Lieblingsrotwein, der Spätburgunder.

Malans ist auch ein hervorragender Ausgangspunkt für Erkundungen der Umgebung und der verschiedenen Baustile Graubündens. Hier sind einige unserer Lieblingsaktivitäten:

Bad Ragaz

Vor fast 800 Jahren wurde in der Taminaschlucht 36,5 Grad Celsius heißes Thermalwasser entdeckt. Im Jahr 1840 wurde das heiße Thermalwasser erstmals in über 4 km langen Holzröhren aus der Taminaschlucht nach Ragaz transportiert. Das war der Beginn des Aufstiegs zum berühmten Kurort Ragaz, der sich seit 1936 Bad Ragaz nennen darf.

Die Tamina Therme, deren Neubau von Smolenicky & Partner entworfen und 2009 fertiggestellt wurde, befindet sich in einem großen Landschaftspark. Es ist aus weißem Holz gefertigt, mit riesigen ovalen Fenstern, die wie überdimensionale Rahmen wirken.

Nächsten Monat kehrt das 8. Triennale Schweizer Skulpturenfestival, genannt Bad RagARTz, nach Bad Ragaz zurück. Mit rund 400 Skulpturen, die über die ganze Stadt verteilt sind, ist diese Open-Air-Show eine der größten ihrer Art in Europa. Es wird nicht einmal Eintritt verlangt. Hier ist ein Blick auf einige der Installationen:

Von links nach rechts: „Imagine“ von Vladimir Trokut Dodig, Jürgen Knubben, „Circle of life“ von Stück und Gut.

St. Georgs-Kapelle in Berschis

Die St. Georgs-Kapelle gilt als die älteste romanische Kapelle der Ostschweiz. Sie erhebt sich oberhalb des Dorfes Berschis auf einer felsigen Anhöhe. Wenn Sie von Zürich aus in die Bündner Herrschaft fahren, haben Sie sie bestimmt schon einmal gesehen. Die Wanderung dauert vom Dorf Berschis aus etwa 30 Minuten. Unterwegs kommen Sie an der Lourdes-Grotte vorbei. Die Höhle wurde 1921 als Dank von der Gemeinde erstellt, weil sie von einer Viehseuche verschont blieb. Sie wurde von einem örtlichen Bergmann aus dem Fels gesprengt.

Chur

In Chur gibt sehr vieles zu entdecken. Anbei stellen wir einige Sehenswürdigkeiten vor:

Bündner Kunstmuseum

Das Bündner Kunstmuseum wurde um 1900 gegründet. Seine Sammlung umfasst heute rund 8’000 Kunstwerke vom 18. Jahrhundert bis heute. Zu den Highlights gehören Werke der einheimischen Künstlerin Angelika Kauffmann, die als eine der ersten Künstlerinnen von der Royal Academy in London ausgezeichnet wurde, sowie Werke der Künstlerfamilie Giacometti mit Arbeiten des Bildhauers Alberto und der beiden Maler Giovanni und Augusto.

Ein Teil des Museums befindet sich in der historischen Villa Planta, die in den Jahren 1874 und 1875 für Jacques Ambrosius von Planta nach Plänen von Johannes Ludwig erbaut wurde. Der neue Erweiterungsbau des Bündner Kunstmuseums in Chur wurde von Barozzi / Veiga entworfen und 2016 fertiggestellt. Ein Besuch des Gebäudes ist ein Erlebnis für jeden Kunst- und Architekturliebhaber.

Schutzbauten der Römischen Ausgrabungsstätte

Dieser Schutzbau auf der Römischen Ausgrabungsstätte in Chur war eines der ersten Projekte von Peter Zumthor, das 1986 große Anerkennung erhielt. Sie ist fast ausschließlich aus Holzlatten konstruiert, die sowohl Licht als auch Belüftung in den Museumsraum lassen. Die Besichtigung ist ein ganz besonderes Erlebnis, da Sie den Schlüssel im Fremdenverkehrsbüro abholen müssen und die Anlage dann alleine ohne andere Besucher besichtigen können.

Forum Würth Skulpturenpark

Die von Dieter Jüngling und Andreas Hagmann entworfene und 2002 fertiggestellte Zentrale der internationalen Würth-Gruppe filtert das Sonnenlicht durch gleichmäßig verteilte Glasflächen in den oberen drei Etagen. Im Jahr 2007 wurde neben dem Gebäude ein öffentlich zugänglicher Skulpturenpark mit Werken von Not Vital, Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely eröffnet.

Heiligkreuzkirche

Zwischen 1967 und 1969 vom Basler Architekten Walter M. Förderer erbaut, gehören Kirche und Gemeindezentrum zu den bedeutendsten Sichtbetonkirchenbauten der Schweiz. „Als ich die Baustelle zum ersten Mal besichtigte“, erinnert sich der Architekt, „war ich überwältigt von der Idee, dass die neue Kirche wie eine Masse von Felsen aussehen sollte, die von der Wand eines nahe gelegenen Berges abgebrochen und hier aufgeschichtet wurde.“

Walter Maria Förderer fand über die Bildhauerei seinen Weg zur Architektur. Zwischen 1967 und 1971 baute er insgesamt sieben Kirchen in der Schweiz, allesamt monumentale Bauten an der Grenze zwischen Architektur und Skulptur.

Landquart

Landquart hat weniger als 10’000 Einwohner, beherbergt aber dennoch einige sehr interessante Gebäude des 21. Jahrhunderts. Den Architekten Rudolf Olgiati haben wir bereits erwähnt. Beginnen wir also mit dem Auditorium Plantahof, das von seinem Sohn Valerio Olgiati entworfen wurde.

Das Auditorium wurde 2010 fertiggestellt und schafft mit seiner Platzierung im Gesamtgefüge der Landwirtschaftsschule Plantahof einen neuen zentralen Ort. Mit seinem markanten Pultdach wirkt es wie ein Fels in der flachen Umgebung von Landquart.

Bearth & Deplazes ist ein Architekturbüro mit Sitz in Chur. Ihr bekanntestes Projekt ist wohl die neue Monta-Rosa-Hütte in Zermatt, aber auch ihre beiden Gebäude im Zentrum von Landquart sind einen Blick wert. Der ÖKK Hauptsitz, ein Bürogebäude für eine Versicherungsgesellschaft, wurde 2012 fertiggestellt. Das Fassadengerüst und die Innenwände sind aus Sichtbeton und es enthält große ovale Öffnungen. Gleich nebenan, getrennt durch einen gemeinsamen Innenhof, steht das achtstöckige Arcadas-Gebäude. Die Eigentumswohnungen haben auf beiden Seiten Loggien mit ovalen Öffnungen, die den Blick auf die Stadt und die Bündner Herrschaft einrahmen.

Unsere Frühlings-Reise durch das Graubünden begann in der Bündner Herrschaft (..zum Reisebericht), verlief durch die Surselva (..zum Reisebericht) und endete schliesslich im Bergell. Immer wieder aufs Neue bin ich von der landschaftlichen und baukulturellen Vielfalt der Schweiz begeistert. Ich freue mich schon auf die nächste Region die es zu entdecken gibt. Zu allen Reiseberichten

Dominik Gehl lebt in Lausanne und arbeitet als Software-Ingenieur. Zu seinen Hobbys gehören Architekturreisen und Fotografieren. Auf Instagram postet er täglich unter @dominikgehl.