
Die Domaine des Tourelles in La Chaux-de-Fonds (NE) wird über die Stiftung Ferien im Baudenkmal vermietet, befindet sich aber in Privatbesitz. Ein Treffen mit dem ehemaligen Besitzerpaar und der neuen Eigentümerin nach dem vor Kurzem erfolgten Handwechsel.
Amanda Addo, Kommunikation, Stiftung Ferien im Baudenkmal
Nach meiner Ankunft am Bahnhof von La Chaux-de-Fonds, wo die Baumspitzen über die Grenze von 1000 Meter über Meer ragen, lasse ich mich von der schachbrettartigen Strassenführung leiten. Erst geradeaus, dann nach links, dann nach rechts: Und schon stehe ich vor dem stolzen Anwesen hoch über der verschneiten Stadt.
Das altehrwürdige Treppenhaus mit seinen Fresken und edlen Fliesen stimmt auf die Pracht der Wohnung ein, die ich besichtigen möchte: Die Domaine des Tourelles gehört zu einer Reihe herrschaftlicher Wohnhäuser, die vom wirtschaftlichen Aufschwung der Uhrenmetropole zeugen und die Ambitionen und Errungenschaften einer Region am Wendepunkt ihrer Geschichte verkörpern.
In der Wohnung werde ich herzlich von Andrea Schommer, der heutigen Besitzerin, sowie Nicole und Gilles Tissot, den ehemaligen Besitzern und Restauratoren des Anwesens, begrüsst. Sie sitzen schon am Tisch und wirken wie alte Freunde. Dieses Haus hat sie vor nicht allzu langer Zeit zusammengeführt. Eine Geschichte des Widerstands und der Weitergabe von Wissen und Werten, die ich entdecken werde.
Während ich jeden Winkel der Wohnung erkunde, erzählt mir Gilles mit unverkennbarer Leidenschaft von der Geschichte des Anwesens und der Region. Die Holzschnitzereien im Stil Heinrichs II. und die Trompe-l’oeil-Decken erinnern an den Stil einer anderen Epoche. Und vor den grossen Fenstern breitet sich die Stadt wie eine lebendige Landkarte aus: eine stille Einladung zur Kontemplation.
Die Seele bewahren
Das Gebäude, das sich in einem desolaten Zustand befand, stand lange Zeit zum Verkauf. Mit Nicole und Gilles Tissot fanden sich neue Eigentümer, die dem Haus mit ihrem restauratorischen Können zu einer unerwarteten Wiedergeburt verhalfen. «Die Seele eines alten Hauses muss bewahrt werden. Wenn das gelingt, ist die Restaurierung ein Erfolg», sagt Gilles.
Die Spuren ihrer Arbeit sind überall sichtbar: Tapeten wurden entfernt, um die ursprünglichen Wände wieder zum Vorschein zu bringen, unter mehreren Schichten von Bodenbelägen kamen wunderschöne Fliesen zum Vorschein. «Er wurde schon als kleiner Junge mit dem Baukultur-Virus angesteckt», schmunzelt Nicole und meint damit Gilles’ Grossvater, der zu den Gründern der Association pour la sauvegarde du patrimoine des Montagnes neuchâteloises gehörte.
Diese in der Familiengeschichte verwurzelte Leidenschaft lenkte all ihre Entscheidungen, und die Tissots trafen letztlich eine Wahl, die ihren Prinzipien entspricht: eine Zusammenarbeit mit der Stiftung Ferien im Baudenkmal. Ursprünglich hatten sie eine klassische Vermietung der Räumlichkeiten geplant, doch der Wunsch, das Kulturerbe mit anderen zu teilen und so für viele erlebbar zu machen, war schliesslich stärker. Die Partnerschaft mit der Stiftung erschien ihnen logisch: «Wir haben die gleiche Einstellung und engagieren uns für das Gleiche», erklärt Gilles. Dank ihrer Entscheidung können die Gäste nicht nur die Domaine des Tourelles, sondern auch die Geschichte und den Reichtum der Region entdecken. «Etwas retten zu können, ein Objekt instand zu stellen … Ich habe es als ein sehr schönes Abenteuer erlebt», zieht Nicole ein emotionales Fazit.

Baukultur greifbar machen
Als die Tissots beschlossen, das Baudenkmal zu verkaufen, hofften sie, über den Newsletter der Stiftung eine passende Käuferschaft zu finden, die ihre Vision teilt. So wurde Andrea Schommer vom Berner Heimatschutz auf das Anwesen aufmerksam: Ohne dieses Netzwerk hätte sie wohl nie von dem Haus erfahren. Die Wohnung weiter über die Stiftung anzubieten, war für sie eine Selbstverständlichkeit. Und heute verbringt sie gerne die Wochenenden dort, wenn die Wohnung frei ist – was bei der grossen Nachfrage gar nicht so einfach ist.
In der Küche, einem von Andreas Lieblingsräumen, werfen die bunten Glasfenster farbige Lichter auf die silbernen Oberflächen. «Das ist wunderschön anzusehen und gleichzeitig ein Ort, der sehr beruhigend wirkt – die Wohnung berührt und beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue.» Für sie bietet die Domaine des Tourelles eine seltene Gelegenheit, Menschen mit dem baukulturellen Erbe in Berührung zu bringen: «Es ist ein hervorragender Einstieg, um Baukultur für all jene greifbar zu machen, die sie sonst nur als abstrakten Begriff wahrnehmen.» Und die Gäste scheinen diese Überzeugung zu teilen. Manche interessieren sich für die Stadt oder ihre Veranstaltungen, wie das Festival «La Plage des Six Pompes». Aber sehr oft ist es das Haus selbst, das zum Ausgangspunkt für Erkundungen wird. «Das ist der eigentliche Sinn von Ferien im Baudenkmal: Die Objekte stehen im Vordergrund», so Andrea.
Als ich die Tourelles wieder verlasse, spüre ich eine andere Atmosphäre in diesem Haus – eine gemeinsame Erinnerung, ein Ort zum Auftanken, ein Abenteuer. Und ich denke an eine Aussage von Gilles, die mich beeindruckt hat: «Das Privileg des Besitzers besteht darin, das Objekt für diejenigen zu erhalten, die nach uns kommen.» Und das wird auch in Zukunft allen zugute kommen, die diesen Ort besuchen.